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Wirtinger Wilhelm



Wilhelm Wirtinger wurde am 19. Juli 1865
in Ybbs a. d. Donau geboren. Nach der Matura studierte W. Wirtinger ab 1884 Mathematik und Physik an der Wiener Universität, wo er hauptsächlich die Vorlesungen des Geometers Weyr und die Escherichs besuchte. Bereits 1888 schloss er das Studium mit dem Doktorat ab.

Ein Reisestipendium führte ihn in den folgenden Jahren nach Berlin und Göttingen, den beiden Hauptpflegestätten der Mathematik im damaligen Deutschen Reich. Während das mathematische Klima Berlins ihm wenig zu bieten hatte,
sollte der Göttinger Aufenthalt für die Entwicklung Wirtingers entscheidend sein. Dort nämlich trat ihm die überragende Persönlichkeit von Felix Klein entgegen,
der Wirtingers Begabung erkannte und dessen Aufmerksamkeit auf ein Gebiet lenkte, auf dem er bald Großes leisten sollte.
Es war die von Riemann geschaffene Theorie der allgemeinen Thetafunktion,
die unter anderem ein Problem darbot, mit dem hervorragende Mathematiker
bis damals vergebens gerungen hatten.
Nach Wien zurückgekehrt habilitierte sich Wirtinger 1890 und erhielt 1892
eine Assistentenstelle an der Wiener Technischen Hochschule.
Nach mehreren kleineren Publikationen gelang Wirtinger 1895 schließlich d
er große Wurf: Die Lösung des oben beschriebenen Problems, die von der Göttinger Akademie preisgekrönt, seinen Namen sogleich in der wissenschaftlichen Welt erstrangige Bedeutung verlieh.
Im selben Jahr wurde Wirtinger als Extraordinarius an die Universität in Innsbruck und im Jahre 1903 zum Ordinarius an die Wiener Universität berufen und schied 1935 mit dem Erreichen der akademischen Altersgrenze aus dem aktiven Dienst aus. Wirtinger starb am 14. Jänner 1945 in Ybbs a. d. Donau.


MATHEMATISCHE LEISTUNGEN:
Wilhelm Wirtinger promovierte 1888 an der Wiener Universität und habilitierte sich dort im Jahre 1990. Als Assistent ab 1892 an der Wiener Technischen Hochschule gelang ihm 1895 die Lösung eines Problems der von Riemann geschaffenen Theorie der allgemeinen Thetafunktion, ein Problem das vor ihm namhafte Weltmathematiker nicht lösen konnten.
Wirtinger beschäftigte sich anschließend nicht ausschließlich mit Problemen
der Funktionentheorie, sondern schrieb auch bedeutende Beiträge zur Ebenen Geometrie, Algebra, Zahlentheorie und zur Theorie der Invarianten, Lie-Gruppen, Mannigfaltigkeiten, Statistik und Integralrechnung.
Sein Interesse galt nicht nur der Mathematik. So veröffentlichte er Resultate
zur Einsteinschen Relativitätstheorie und anderen Gebieten der Theoretischen Physik. Ebenso schrieb er eine Arbeit über die Theorie der Regenbögen.
In diesem Zusammenhang wird von Wirtinger berichtet, dass er in seinem Sommerurlaub am Achensee sich nicht von seiner wissenschaftlichen Arbeit trennen konnte. So saß er am Seeufer, beobachtete die Wellen und dachte über die zugehörige mathematische Theorie nach. Vom Urlaub zurückgekehrt,
schrieb er eine theoretische Arbeit über Wasserwellen.
Als Reidemeister 1923 einen Lehrstuhl für Geometrie an der Wiener Universität annahm, arbeitete er gemeinsam mit seinem Kollegen Wirtinger, der sich zu dieser Zeit für die Theorie der Knoten interessierte. Er zeigte Reidemeister wie man die Hauptgruppe von einem Knoten aus seiner Projektion berechnet.
Diese Berechnungen von Wirtinger wurden das erste Mal in einer Arbeit
von Artin 1925 publiziert.
Auch im hohen Alter arbeitete Wirtinger an der Lösung neuer mathematischer Probleme. Mit 71 Jahren schrieb er erstmals grundlegende Arbeiten über Räume höherer Dimension.
Wirtinger lehrte gemeinsam mit Hahn und Furtwängler und war der Lehrer
vieler bedeutender Mathematiker wie, Schreier, Gödel, Radon, Taussky-Todd, Hlawka, und Hofreiter.


Pressebericht von 1906:
"Der Mathematiker Wilhelm Wirtinger, der seinen wissenschaftlichen Ruf
vor über 10 Jahren, mit der Lösung eines schwierigen Problems (
der allgemeinen Thetafunktion) begründete, berichtet heute in der Akademie
der Wissenschaften über “die Entwicklung einiger mathematischer Begriffe.“
Die Definition dieser Begriffe ist nicht immer einfach, wie Wirtinger am Beispiel
der unendlichen Menge zeigt: "Schon Galilei hatte erwähnt, dass die unendliche Menge der ganzen Zahlen weitaus größer zu sein scheint als die Menge
der Quadratzahlen, da ja die Quadratzahlen immer seltener werden,
je weiter man in der Zahlenreihe fortschreitet, während anderseits die Menge
doch gleich sein müsste, weil zu jeder Zahl doch eine Quadratzahl gehört."

Der Mathematiker CARATHEODORY schrieb über Wirtinger:
"However, Wirtinger was not a specialist who only worked on a problem
and did not have a sense for the essentials of science. In his lectures he always stressed the historical con-text and had a remarkable interest in the philosophical basis of mathematics.
He was economical with his publications, but every single paper – even if only
a few pages long – does not only contain surprising thought
of exceptional beauty but also proof that he could combine his perfect geometrical insight with his rare skill of mastering the mathematical symbolism."


Auszeichnungen:
1895: Förderungspreis der Akademie in Göttingen
1907: Sylvester Medaille der königlichen Akademie in London
(W. war der 3. Mathematiker der Welt, der diese Auszeichnung erhielt.
Vor ihm: Poincare und Cantor).
1931: Mitglied der Akademie in München


LITERATUR:
C. Caratheodory, Obituary: Wilhelm Wirtinger,
Jber. Bayer. Akad. Wiss. München (1944-48, 256ff.)